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 2003
- Indien
TEIL 1 - Vorbereitungen in Mumbai (Bombay) 
Montag, 05.05.2003
Es ist 9.04 Uhr über der Stadt ist eine Glocke, die jeg-liches in
die Ferne gerückt erscheinen lässt. Zwar scheint die Sonne,
doch kommt sie durch den künst-lich wirkenden Schleier nicht hindurch,
wahrscheinlich ist ohne ihn ein Leben in dieser Jahreszeit gar nicht möglich.
Meine Benommenheit rührt aus einer Kombination aus der Zeitumstellung
und der schweren heißen Luft.
Wenn sie doch nur heiß wäre, doch ist der Feuchtig-keitsgehalt
unnormal hoch und dies macht die
Luft zu einem besonderen Träger von Gerüchen, die partiell an
meinen letzten Besuch in einem indischen Restaurant in Deutschland erinnern.

Wieder ist Kronotex in den letzten Vorbereitungen einer Weiterführung
der Promotionswelttournee.
Diesmal wird ein relativ neuer Markt im Aufbau unter-stützt werden.
Seit nunmehr einem guten Jahr verkauft unser Brandenburger Unternehmen
Laminat und OSB in Indien. Dies ist kein Wunder, denn in dem Land, welches
bald das bevölkerungsreichste der ganzen Welt sein wird, kommen immer
wieder Anfragen, die jetzt auch hier erfüllt werden können.

Der Start der Tour wird in Bombay sein, doch muss dafür erst einmal
der Russland und China bewährte Promotiontruck auf einem Containerschiff
aus Shang-hai angekommen sein. Bombay, dies bedeutet "schöne
Bucht", ist die Stadt mit den meisten Bewoh-nern Indiens. Über
17 Mio. Menschen drängen sich hier täglich dicht an dicht, die
die Stadt zu einer schril-len und pulsierenden Metropole machen, die nicht
zuletzt durch die vielen viktorianischen Bauten für intensive Kontraste
sorgen.
Aus dieser Zeit stammte auch der Name Bombay, der zwar noch parallel genutzt
wird, doch mehr und mehr durch das aus der indischen Tradition stammende
Mumbai ersetzt wird. Dies wurde aus Mumba abgelei-tet, die für die
Hindus die Göttin des Glücks ist. Erfahren habe ich dieses bei
meiner ersten Zusam-menkunft mit einem Inder, einem Taxifahrer, der mich
vom Flughafen abholte und dabei, während der fast einstündigen
Fahrt durch das nächtliche, doch trotz-dem völlig überfüllte
Mumbai fuhr und Geschichten seiner Heimat erzählte.

Möge Mumba uns und unserer Unternehmung weiter-hin so zuverlässig
die Treue halten und auch diese Promotiontour des wirklichen Weltunternehmens
Kronotex wird ein Erfolg.   

Mittwoch 07.05.2003
Die Göttin Mumba hat sich wohl noch an uns Europäer zu gewöhnen,
bis auch sie uns hold sein wird. Man hört es täglich in den
Nachrichten und plötzlich wird man zumindest mittelbar betroffenen.
Auch uns macht die in Asien grassierende Seuche SARS einen Strich durch
die Rechnung. Für Mitfiebernde kann Entwar-nung gegeben werden, keiner
unserer Mitarbeiter ist infiziert worden, doch zwingen die harten Hygiene-regeln
zu extremster Vorsicht.
Das heißt unser Showtruck, der Shanghai am 16.04. verlassen hat
und im Normalfall gestern seine lange Reise hätte antreten können,
muss in einer Art Isolier-station gründlichst desinfiziert werden
und mit ihm alles was auf dem riesigen Containerschiff war.
So nutzen wir die Zwangspause zur Vorbereitung der Promotionsaktivitäten.
Ein Treffen jagt das nächste und mit jedem mal steigt die Begeisterung
und auch Erwartungshaltung der Beteiligten Großhändler, Presseagenturen
und auch der Konkurrenten.

Es ist gut, nun mehr Zeit für die gesamte technische Umsetzung zu
haben. Für ein Bestehen auf den indischen Straßen müssen
einige Umbauten erledigt werden, die hier mehr Zeit in der Organisation
als in der Umsetzung erfordern. Zum Glück können wir auf unsere
Erfahrung in Russland zurückgreifen, die einen alles etwas ruhiger
mit einer angemessenen Erwartungshaltung betrachten lässt.
Fast sämtliche ausländischen Fabrikate werden nur teilmontiert
in Indien angeliefert. Details wie spezielle Reifen, andere Fenster, stärkere
Klimaanlagen werden erst hier montiert oder wie bei den Rück-spiegeln
abmontiert. Kaum ein Auto hat seine Spiegel in Funktion, da der dichte
Verkehr keinen Platz dafür erübrigt. Entweder sind sie nie vorhanden
gewesen, angeklappt oder bereits abgefahren worden. Zum Glück ist
der Truck etwas höher, größer und seine Hupe lauter.   
Dienstag 27.05.2003
Mit dem Versuch den Motor des Kronotextrucks zu starten, war der erste
Erfolg auf einem langen Weg zum Start der Indientour zu hören. Das
Aggregat ließ sofort seine altbekannte Melodie ertönen.

Nicht zuletzt war wohl die hiesige Temperatur dabei hilfreich. Wir messen
hier täglich zwischen 36 und 38°C im Schatten. Der Maschine scheint
es zu gefallen, der Mensch hat damit zu kämpfen. Wie wir schon in
Vladivostok (in Bezug auf Kälte) feststellen konnten, sind auch die
Einheimischen in Indien nicht immun gegen die Hitze. Alles geht etwas
langsamer, dadurch jedoch nicht leiser von statten. Froh ist, wer eine
Klimaanlage sein eigen nennen kann, alle anderen schwitzen wie wir Europäer.
Da nun endlich das aus China kommende Schiff in den Hafen einlaufen durfte
liegt es nun an uns die üblichen Formalitäten und die dem Land
entspre-chenden Umbauten in die Wege zu leiten.
Das die indischen Hafenarbeiter sich in französischer Streikkultur
üben ist dabei nicht sehr förderlich.
Daraus Positives zu ziehen, fällt jedoch bei der Reich-haltigkeit
an neu zu sammelnden Eindrücken nicht schwer. Auch bleibt nun mehr
Zeit jede Etappe Schritt um Schritt zu planen. So sind die Tage mit verschie-densten
Treffen voll gepackt.
Es ist immer wieder spannend auf fremde Menschen zu stoßen, gerade
weil der kulturelle Unterschied ein so gewaltiger ist, vielleicht gibt
es Dinge, die auch in unserem Leben einen anderen Stellenwert bekom-men
könnten.   

Montag, 31.05.2003
Bei einem einmaligen Besuch des Zollhofes sollte es nicht bleiben und
auch nach dem zweiten Treffen mit den Zollinspektoren, ist der Termin
für eine Zusam-menkunft mit dem Chef der Zollbehörde schon fixiert.
Obwohl wir ein Schreiben des Ministeriums für Trans-port besitzen,
welches uns gestattet mit unserem Promotionsmobil durch Indien zu fahren,
möchte der Zoll sich noch einmal mit uns persönlich auseinandersetzen.

Was den Besuch beim Zoll so besonders attraktiv macht, ist die Fahrt dorthin.
Sie dauert zwischen 2,5 und 3,5 Stunden. Hierbei kann man einige der wichtigsten
indischen Verkehrsmittel hautnah erleben. Die erste Etappe ist die komfortabelste,
mit etwas Glück (15% Wahrscheinlichkeit) fährt man in einem
klimatisierten Taxi zum Fährhafen.
Von diesem geht es in unregelmäßigen Abständen von Alt-Bombay
nach Neu-Mumbai, meistens wird gewartet bis ein Schiff keinen Sitzplatz
mehr frei hat. Die Fahrt dauert eine gute Stunde und ist der interessanteste
Teil der Reise. Durch die Enge lernt man sehr schnell Menschen kennen,
zumal man auf diesem Verkehrsmittel als Europäer eine einzigartige
Besonderheit darstellt.
So wurde ich zum Popkornessen bei einem Kindergeburtstag gebeten, andere
testeten ihre Sprachkenntnisse an mir, weitere suchten eine Lehrstunde
in Geographie und Sozialkunde. Dies sind die lehrreichsten Gespräche,
um mehr über das wirkliche Leben der Menschen hier zu erfahren.
Den unternommenen Stichproben folgend, verdient ein einfacher Arbeiter
oder Angestellter, zwischen 50 und 90 im Monat. Die Miete liegt zwischen
15 und 25 . Der jeweilige Rest reicht, um für sich, Frau und Kinder
Nahrung und Kleidung zu kaufen. Es ist kein Leben im Wohlstand, doch meine
Sitznachbarn waren fast immer am Lachen und Singen, sie erscheinen glücklicher
als viele unserer Mitmenschen. Während der letzten 40 Minuten erlebt
man Motorsport pur.

Mit einem motorisierten Dreirad geht es über Stock und Stein, bei
ohrenbetörendem Lärm, jedoch niedriger Geschwindigkeit. Hat
man das Tor zum Zollhof durchschritten, reiht man sich in die Schlange
der Wartenden ein und hofft auf das baldige Erscheinen, des alten Mannes
(hoffentlich auch noch bei meinem nächsten Termin), der aus einem
Plastikeimer, gekühlte Wasserflaschen verkauft.
    
Dienstag, 03.06.2003
Im Winter klappt man bei uns in Deutschland die Scheibenwischer zur Seite,
damit sie nicht anfrieren, hier muss dieses nahezu täglich wegen
der Hitze gemacht werden. Bei Nichteinhaltung dieser Regel schmelzen die
Wischblätter an der aufgeheizten Glasscheibe fest. Zum Glück
wurde die Klimaanlage erfunden, so dass wir während unserer Treffen
in Behörden, mit Agenturen und Kunden meist auf diesen Luxus vertrauen
können. Bei diesen Temperaturen und der damit hier in Bombay verbundenen
Luftfeuchtigkeit, würde auch ein Herr Einstein nicht ohne diese Technik
zu seinen Entdeckungen gekommen sein. Ist man stets ungeschützt den
äußeren Bedingungen ausgesetzt, wird die Schaffenskraft stark
in Mitleidenschaft gezogen.
In Zusammenarbeit mit einer der größten Webeagen-turen Indiens
gehen wir in die noch zu bearbeitenden Detailfragen. Ein im Vorfeld wenig
beleuchtetes Problem stellt gerade unsere größte Herausforderung
dar. Es ist in fast keiner Stadt erlaubt mit einem Truck, wie dem unseren,
in die Stadt zu fahren, dafür muss man bei unterschiedlichsten Behörden
um Erlaubnis fragen.

Als kurzer Einblick seien hier die folgenden Genehmi-gungen erwähnt:
natürlich die Einfuhrgenehmigung nach Indien, jeweils eine weitere
für die Einfahrt in jeden indischen Teilstaat, für die zu besuchenden
Städte und wenn man dann eine Stadtgrenze über-wunden hat, bedarf
es der behördlichen Erlaubnis den Truck abzustellen, sowie besondere
zentrale Orte an-zusteuern. Wer die Verkehrssituation hier sieht, wird
dafür sofort vollstes Verständnis entwickeln, außer-dem
haben wir ein professionelles Team um solche Aufgaben zu meistern.
Das Leben in diesem Land ist so interessant und fremd, doch gewöhnt
man sich schnell an seine Erfordernisse. Anschauliche Beispiele hierfür
zu finden, fällt nicht schwer. Es ist sehr einfach sich vorzustellen,
welches das wohl größte menschliche Bedürfnis, bei solchen
klimatischen Bedingungen ist - die Aufnahme von genügend Flüssigkeit.
Darum findet man an jeder Ecke "Saftläden", die mit ihren
reich-haltigen und vor allem frischen Angeboten jeden deutschen Gastronomen
neidisch werden lassen würden.

Ein zweites Beispiel für indische Flexibilität ist die Organisation
der Wäschereinigung. Hierfür gibt es riesige Areale, in welchen
die Männer in gemauerten Becken ihrer Arbeit nachgehen. Innerhalb
von 24 Stunden sind die von Hand gewaschenen und luftgetrockneten Kleidungsstücke
wieder perfekt.
    
Dienstag 10.06.2003
Am heutigen Morgen gab es den ersten unwiderleg-baren Beweis für
die anstehende Regenzeit, die Straßen glänzten noch nass und
gereinigt vom nächtlichen Regenguss. Auf dem nun schon oft beschrittenen
Weg zum Zollhof, konnte man einige überflutete Reisfelder sehen.
Noch gestern waren hier viele Menschen mit Hacken und Harken beim Arbeiten,
heute bedeckte die Leben bringende Feuchtigkeit die Saat. Hoffnung in
eigener Sache brachte auch mein Tag. Nach vielen Stunden des Wartens vor
verschiedensten Büros, hatte ich nach dem eigentlichen Dienstschluss
ein persön-liches Gespräch mit dem zuständigen Beamten.
Wir sprachen klare Worte und stellten damit die letzte Ampel auf grün.

Das Prinzip der Schlangenbildung funktioniert hier nicht, die Größeren
drücken die Kleinen zur Seite. Der Hauptgang des Gebäudes, von
dem viele weitere Gänge ausgehen, findet sein Äquivalent in
der Natur in Form eines Ameisenhaufens.
Während längerer Wartezeiten machte ich einige Stichproben und
ermittelte einen Durchschnitt von 43 Personen in der Minute, die vor mir
durch den 80 cm breiten Gang eilten, immer wieder zur Seite gedrängt
von den Kellnern, die höheren Angestellten Getränke und Essen
bringen. Dabei machen sie Schnalz- und Schmatzgeräusche, so dass
jeder gewarnt ist und eine sichere Passage gewährleistet werden kann.
In der unteren Etage befinden sich zwei Kantinen,
die wie überall hier das gleiche Problem bereiten.
Der eine Raum ist zu heiß, der andere wird hingegen auf winterliche
Temperaturen abgekühlt. Man muss sich also warm anziehen, wenn man
bestimmte Lokalitäten (Chefbüros, Restaurants, Läden, Hotels,
Kinos) besucht. Geht man nur vor die Tür, hat man auch in der Nacht
eine Temperatur von über 30°C und eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit.
Doch ist der große Regen nicht mehr fern und mit ihm eine gewisse
Abkühlung, die vielleicht schon morgen meine Zeit in der Fahrerkabine
unseres Kronotex-Showtrucks erleichtern wird.   

Donnerstag, 12.06.2003
Gab es Zweifler, die annahmen, der Wagen würde nie mehr vom indischen
Zollhof rollen? Zugegebenermaßen zählte ich am gestrigen Tag
zu ihnen. Überraschend bauten sich letzte Hürden auf, doch um
die Spannung zu nehmen, heute verließ das Team siegreich den für
manche Importgüter als letzte Ruhestätte dienenden Ort des Wartens.
Bis zur letzten Minute hielt die Ungewissheit, kein Tatort-Film kann da
mithalten. Der Boote, der uns die letzten Papiere überbringen sollte,
verspätete sich um eine volle Stunde und als er kam, verfehlten wir
uns, so dass die Unterlagen zur Aufbewahrung abgelegt wurden. Bei der
weiteren Nachforschung wurde das halbe Hotel auf den Kopf gestellt, zumindest
war die Hälfte des Personals mit der Suche beschäftigt.
Kurz vor Zwölf fand sich das Dokument der Begierde wieder an.

Der Weg, der in den letzten Wochen so oft bestritten worden war, wollte
kein Ende nehmen, doch nach einer Fahrt durch warmen Regen erreichten
wir den Truck, der in einem See zu baden schien. Natürlich sprang
er nicht an! Die wochenlange Überfahrt von Shanghai konnte ihm nichts
anhaben, bei meinem ersten Besuch lief der Motor ohne Probleme an, dieses
Mal konnte nur Menschenkraft helfen. Rasch fanden sich 12 Helfer, die
mich aus dem Schlamm auf die Befestigung schoben und nach wenigen Metern
lief die Maschine aus eigener Kraft.

Der Rest war, im Vergleich zu dem bisher hier Erlebtem, ein Kinderspiel.
Die letzte Instanz stellte der Wachmann des letzten Tores dar, er begutachtete
meine Papiere mit der Sorgfalt eines Diamantenhändlers. Hinter mir
bildete sich eine lange, hupende Schlange, auch durch sie konnte der Beamte
nicht zur Eile angetrieben werden.
Ich hatte meine innere Ruhe wieder gefunden und nun konnte kommen was
da wolle. Es kam auch in der Gestalt des dichten Verkehrs in Bombay. Lange
habe ich versucht ein System zu erkennen, es ist mir unmöglich, eines
zu erkennen. Die oftmals total zerbeulten Gefährte (nur ganz neue
Modelle haben noch ihre ursprüngliche Form) lassen darauf schließen,
dass alles dem Zufall überlassen ist. Nach gut 5 Stunden Schleichfahrt
ist der Wagen sicher im Zentrum der Metropole abgestellt und erwartet
seine Umrüstung.   

Samstag, 14.06.2003
Freitag der 13. ist gut überstanden, eher war es ein Glückstag,
als das man sich Sorgen hätte machen müssen. Die Arbeiten am
Truck sind auf vollen Touren, in die Fahrerkabine wird eine Klimaanlage
eingebaut, das Notstromaggregat bekommt seine lang ersehnte Durchsicht,
die Umgestaltungen des Showraumes, sowie die Beklebung des Trailers sind
in Arbeit und das hier lebenswichtige Signalinstrument - Hupe, konnte
von mir persönlich zum Lärmen gebracht werden.
Unser kleiner Parkplatz wirkt wie eine Großbaustelle. In diesem
dicht besiedelten Gebiet Bombays erregen wir ungeheure Aufmerksamkeit,
der Truck, weil er im Vergleich zu den hier üblichen Transportmitteln
sehr groß und dazu noch fabrikneu wirkt und ich, da sich hier kaum
Europäer aufhalten. Dadurch haben die Anwohner und vor allem die
Kinder, die gerade große Ferien haben, eine einzigartige Attraktion,
die sie so nah als möglich zu verfolgen versuchen.

Wenn man hier nur hundert Meter geht, trifft man Vertreter sämtlicher
Religionen. Selten kommt es zu Vermischungen, doch lassen alle einander
in Frieden nebeneinander leben. Zwischen all dieser Vielfalt dann ein
Stück Heimat zu finden, wird zu etwas ganz Besonderem.
Als wir die Kronotex-Welt-Tournee starteten und immer weiter in Richtung
Osten fuhren, dabei selbst in Vladivostok auf Produkte unseres Heimatwerkes
stießen war man innerlich immer wieder überrascht. Hier jedoch,
wo die Kultur und die Art des Lebens, gegenüber unseren Standards,
sehr weit entfernt scheint, auf Kronotex-Laminatfußboden zu treffen,
grenzt für mich an ein Wunder. Für die nächsten Wochen
wird das Ziel sein, dieses Wunder weiter auszubauen und viele neue Kunden
von uns zu überzeugen. Der wirkliche Start der Promotionstour ist
greifbar und die Aufregung steigt.


TEIL 2 - Bombay - Dehli (1400 Km)   
Donnerstag, 19.06.2003
Die Kronotex-Indientour läuft - binnen 48 Stunden wurde der Standort
gewechselt. Der immer stärker werdende Monsun, sowie bürokratische
Hindernisse haben uns veranlasst, am Montagabend Bombay zu verlassen.
Dorthin werden wir wiederkehren, wenn das ganze Land bereist worden ist
und wir bei klarem Himmel die Abschlussveranstaltung abhalten können.
1400 Kilometer in zwei Tagen zurückzulegen klingt simpel, doch muss
ich eingestehen, alle Warnungen, die geäußert wurden, sind
berechtigt, doch ist nichts unmöglich!
Während der Fahrt hatte ich oft das zweifelnde Lachen des Indienverantwortlichen
der IHK-Düsseldorf im Ohr. Es ist mir Motivation genug ein Beispiel
für die Machbarkeit zu geben. Der vor 6 Jahren gewählte Ministerpräsident
Indiens verfolgte in seinem Wahlkampf einen Traum, die Verbindung aller
indischen Großstädte mit zweispurigen Autobahnen. Die Verwirklichung
ist in Angriff genommen worden, 10 Prozent sind fertig gestellt. Auf der
restlichen Strecke wünschte ich mir russische Straßenverhältnisse,
doch bedarf dieses gewisser Zeit, untrügliche Zeichen für den
Weg zu besseren Zeiten kann man an den vielen Baustellen erkennen.

Bis Montag 21.00 Uhr dauerten die Arbeiten am Truck an und trotzdem konnten
wegen des nicht aufhören wollenden Regens nur alle Innenenarbeiten
abgeschlossen werden. So machte ich mich, mit dem indischen Trucker auf
den Weg. Zwar weigerte er sich "das Heiligtum" rückwärts
durch die lange Gasse vom Hof zu schieben und auch das Fahren bei Dunkelheit
war ihm nicht möglich, doch stand er mit seinem kargen Englisch hilfreich
zur Seite.
Es war ein unglaublich tolles Gefühl in den Sonnenaufgang hineinzufahren
und bei jedem Meter zu verfolgen, wie die Einheimischen ihren Tag beginnen.
Richtig Glauben schenken konnte ich den Erzählungen nicht, die besagten,
dass wir keinen Kilometer fahren würden, ohne eine Menschenseele
zu sehen. Doch kann ich dieses nunmehr bestätigen. Das Land ist zwar
riesig, doch ist kaum ein unbewohnter Fleck anzutreffen.   
Nach kontinuierlicher Fahrt gönnten wir uns nach 24 Stunden eine
Rast in einem kleinen Dorf mit nur 25 000 Einwohnern. Mein Kollege fiel
sofort in einen lärmenden Schnarchschlaf. Ich hingegen verbrachte
einige Zeit mit Einheimischen. Nur durch sie kann man das wirkliche Indien
kennen lernen. Gegen 1.30 Uhr bestand der Hotelbesitzer darauf, mir seine
Residenz zu zeigen. Dabei ging es in erster Linie nicht um sein Haus,
vielmehr lag ihm der Stall mit seinen Kühen am Herzen. Gegen 2.00Uhr
durfte ich dann meine Ruhstätte aufsuchen, jedoch nicht ohne ihm
vorher zu versprechen, mit meiner Familie eines Tages wiederzukommen.

Im Morgengrauen gegen 5.00 Uhr startete dann die zweite Etappe. 700 Kilometer
"indische Strasse" lagen vor uns. Oft kam ich mir dabei wie
ein Fahrlehrer vor, da meine Vorstellung des sicheren Fahrens, arg von
der Gewohnheit meines indischen Freundes abwich, so dass ich lieber selbst
das Steuer in die Hand nahm.
Wo auch immer wir stoppten, zum Diesel, Luft oder auch Trinkwasser tanken,
bildeten sich Menschenansammlungen. Stets waren die Leute offen und bestrebt
ihr weniges Englisch kundzutun. Für viele war ich der erste "Weiße",
den sie trafen. Dieser Umstand war vor allem bei zahlreichen Polizeikontrollen
hilfreich. Mit höchstem Respekt näherten sich die Beamten. Für
Seminare zum Aufbau von Selbstbewusstsein ist dieses ein idealer Ort.
Für die letzten 200 Kilometer zwischen Agra und Delhi benötigte
der Showtruck allein 6 Stunden, um nahezu unbeschadet an sein Ziel zu
gelangen. Einzig das Kabel, welches die rechte hintere Beleuchtung mit
Strom versorgt, musste einer Senke im schlammigen Tonboden geopfert werden.

Der letzte Streckenabschnitt war von einer besonderen Zusammenkunft gesegnet.
In der größten Quälerei passierten wir ein Dorf, in welchem
eine traditionelle Hochzeit zelebriert wurde. Dies konnte ich meinen und
den Augen der Videokamera nicht entgehen lassen.
Sehr schnell geriet ich in den Sog der emphatisch feiernden Massenansammlung,
unwiderstehlich war der Rhythmus der Musik, die tanzenden Menschen, die
Zelebrierung des Moments. Im Hotel angekommen fiel ich nach dem ersehntesten
Getränk meines Lebens in den wohlverdienten Schlaf, froh endlich
die erste Etappe der Kronotex-Indientour 2003 hinter mich und die Räder
des Trucks gebracht zu haben.   

Montag, 23.06.2003
Seit zwei Tagen laufen unsere Aktionen in verschiedenen Gebieten der Stadt.
Unsere Entscheidung Bombay schnell zu verlassen, hatte sich als goldrichtig
herausgestellt. Mittlerweile steht die halbe Stadt unter Wasser, so dass
der Verkehr und damit das Leben lahm gelegt sind. Seit 4 Tagen regnet
es ununterbrochen. Ähnliches hört man aus anderen Landesteilen,
nur Delhi ist bisher von den besonders starken Monsunausläufern verschont
geblieben. Etwas Regen könnte uns hier zur Abkühlung nicht schaden.
Das Thermometer zeigt Temperaturen um die 40°C und die Luftfeuchtigkeit
ist nahezu 100%.
Am Donnerstag morgen startete ein Team, unser Promotionsmobil, endlich
professionell mit der neuen Werbung zu bekleben. Ganze 3 Tage dauerte
dieses, doch sind wir jetzt auch für die starken Monsunregen und
die Hitze gerüstet.
Auch ein kleiner Umbau der Klimaanlage im Showraum hatte zu erfolgen,
denn gegen diese Temperaturen muss schon Besonderes geleistet werden.
Parallel erfolgten die Vorbereitung zur Pressekonferenz, die am Mittwoch
stattfinden wird, sowie die Ausräumung aller nur vorstellbaren bürokratischen
Hemmnisse. In der Ferne lernt man sogar die Bürokratie in der Heimat
schätzen.

TEIL 3 - Promotion, Pressekonferenz in Dehli   
Der letzte Sonntag bot mir etwas Unvergessliches. Ich besuchte das Taj
Mahal. Wenn man viel von einer Sache erzählt bekommt, baut sich in
einem ein Bild auf, welches sich selten mit der Realität deckt. Dieses
Mal überstieg das Selbsterleben bei weitem die Vorstellungskraft.
Es gibt in meiner Erinnerung keinen Ort, der soviel Ausstrahlung besitzt,
wie dieser. Im 17. Jahrhundert wurde das marmorweiße Mausoleum als
Ruhestätte für die Frau des Shah Jahan errichtet. Sie starb
bei der Geburt ihres 14. Kindes, als sie ihren Mann während eines
Feldzuges begleitete. Das Symbol dieser Liebe wirkt bis heute und jeder,
der diesen Ort aufsucht, wird gebannt von seiner einzigartigen Schönheit
sein.

Unsere Promotion läuft von mal zu mal besser. Wenn nur die Hälfte
unserer Kontakte zu einer Bestellung wird, können wir hier bald eine
eigene Fabrik errichten. Die Aufgeschlossenheit gegenüber Fremdem
ist beispielhaft.

Durch die restriktive Verkehrspolitik- größere Trans-portmittel
dürfen während des Tages innerhalb der Stadt nicht bewegt werden-
sind der Truck und ich stets lange auf den Beinen beziehungsweise Rädern.
Heute musste ich vor 4.00 Uhr starten und erreichte das Hotel erst wieder
gegen 22.00 Uhr. Noch zwei Tage bleiben wir in der Hauptstadt Indiens,
bis wir den Weg in Richtung Osten antreten, bis dahin hoffen wir auf viele
Kundenkontakte und interessante Erlebnisse, die hier auf uns warten.   

Mittwoch, 25.06.2003
Am heutigen Tag erlebten wir den Höhepunkt unseres Promotionsauftrittes
in Delhi mit einer Pressekonferenz. Die Resonanz war großartig.
Alle wichtigen indischen Zeitungen waren vertreten, ebenso zwei Fernsehkamerateams.
Befreundete Anrufer bestätigten freudig, uns im Abendprogramm gesehen
zu haben.

Der Countdown dafür, begann heute Morgen um 5.00Uhr. Der Truck machte
es spannend, denn ein müdes klicken des Anlassers ließ Böses
erahnen. Zum Glück ist Indien dicht bevölkert, so dass sich
genügend Leute organisieren ließen, die den Truck aus dem Schlamm
zogen und mit vereinter Kraft die Maschine zum Laufen brachten.
Mittlerweile wurde der Zeitrahmen immer enger, denn das Hotel, in welchem
die Pressekonferenz stattfinden sollte, liegt 2 Fahrstunden in Richtung
Innenstadt. Zwischen 9.00 und 14.00 Uhr sowie zwischen 17.00 und 21.00
Uhr ist das Bewegen von größeren Kraft-fahrzeugen innerhalb
der Stadtgrenzen strengstens verboten. Nach der Überwindung kleinerer
Hemm-nisse erreichten wir den Stellplatz 10 Minuten vor Ultimo! Schon
bald wird man indische Polizisten in ihrer Freizeit am Tragen der Kronotex
T-Shirts erkennen.   

Die ganze Nacht über hatte unser Team das Set für die Pressekonferenz
aufgebaut und sie hatten gute Arbeit geleistet, gespannt erwarteten wir
unsere Gäste. Konservativ rechneten wir mit 25 bis 30 Teilnehmern,
umso größer war die Überraschung als wir später mehr
als 60 Interessenten begrüßen durften.
Unser Mann für Indien berichtete über die Aktivitäten des
Unternehmens auf dem indischen Markt, ich hielt einen Vortrag über
den bisherigen Stand unserer Weltpromotionstour und zusammen stellten
wir den Showtruck vor. Die Journalisten zeigten reges Interesse, so dass
noch lange viele Fragen gestellt wurden.

Nahezu euphorisch steuerten wir am Nachmittag den letzten Standort in
Delhi an. Hier wechselten wir die Batterie und machten für den morgigen
Tag einen Termin mit einem Mechaniker, der die Klimaanlage reparieren
kann, ohne werde ich bei einer Temperatur von 45°C, die wir gestern
während des Tages gemessen haben, nicht fahren! Wenn alles funktioniert
startet morgen die nächste Etappe in Richtung Kalkutta.

TEIL 4 - Zwischen Dehli, Kalkutta, Hyderabad   
Sonntag, 29.06.2003
Beim Eintreffen in Kalkutta hörte es sogar mit dem schweren Regen
auf. Verdient hatten wir uns diesen Empfang nach 77 Stunden im Kronotex-Show-Truck.
Die Fahrt hatte ihre besonderen Höhe- und Tiefpunkte. Mit so kurzem
Abstand lassen sich die eindrucksvollen Begegnungen mit Mensch und Natur
kaum in Worte fassen. Eins steht fest - Fremdenfreundlichkeit kann man
hier hautnah und vor allem ohne Ausnahme tagtäglich erleben.

Es ist nicht nur so, dass die Einheimischen sich ständig um mich
scharen oder sie stets versuchen, einen Platz auf dem Photo zu bekommen.
Auch nur kleinste Momente des Aufeinander-Treffens zeichnen sich durch
extreme Offenheit aus. Bei Begegnungen auf der Strasse wird einem ständig
in dieser speziellen indischen Art zugenickt und zugewunken. Mein Arm
ist schon ganz lahm, so dass ich eine Wink-Attrappe in Auftrag gegeben
habe. Das jeder von meinem Fotoapparat aufgenommen werden will, gerät
zu einem logistischen Problem. Während der letzten Etappe habe ich
alle 8 Akkus aufgebraucht und als das letzte - für mich beste - Motiv
auftauchte, leuchtete die rote Batterielampe auf und die Kamera trat ihren
Feierabend an.   

Wer endlich von großen Problemen hören möchte, muss einmal
mehr enttäuscht werden. Persönlich machte mir nur meine Brille
zu schaffen, da sich nach fast viertätigem Dauereinsatz mit 2 bis
3 Purzel-bäumen, sich das Gestell schmerzhaft verbog. Spannendere
Herausforderungen hielt der Truck bereit. 14 000 Kilometer russischer
Straße konnten den Reifen nichts anhaben.
Hier mussten wir allein auf dieser Tour zweimal die Schläuche wechseln
oder flicken. Da nicht nur wir solche Probleme haben, findet sich alle
hundert Meter eine Reparaturstation, wo mit (für uns) archaischen
Mitteln dem Übel ein Ende bereitet wird. Stets geschieht dieses unter
den Augen von vielen Zuschauern, die einen wehrhaften Belagerungsring
um das Geschehen bilden. Zum Glück kann ich die Menschenmassen immer
wieder mit meiner Kamera weg locken, so dass die Arbeit nicht behindert
wird.

Mehr abverlangt wurde durch die Klimaanlage. Sie macht uns mobiler als
jeden anderen indischen Lkw, da diese durch die enorme Hitze ständig
gezwungen sind, Pause zu machen. Doch in dem Moment, wo sie uns den größten
Nutzen hätte bringen können, stoppte sie ihre bislang zuverlässige
Tätigkeit.
Wir gerieten in einen 10 Kilometer langen Stau, der uns von Samstag 17.00Uhr,
bis heute 13.30Uhr in seinem Bann hielt. Nächtliche Reparaturversuche
bei Kerzenschein waren erfolglos und so hofften wir, durch die baldige
Fahrt, den erfrischenden Wind genießen zu dürfen. Nicht das
nur die Kühlung ausgefallen wäre, nein es musste auch noch die
Lüfteranlage betroffen sein und das einzige was die Temperatur in
der Fahrerkabine änderte, war der aufgeheizte Motorblock.

Alles in allem - wir haben den nördlichen Teil, mit den angeblich
schlimmsten Straßenverhältnissen, ohne große Probleme
hinter uns gebracht, nun gilt es nach 3 Promotionstagen, den Weg in Richtung
Süden anzutreten.    

Samstag, 05.07.2003
Meine Zeit in der ehemaligen Hauptstadt Indiens (Kalkutta) verging viel
zu schnell. Nach notwendigen Arbeiten am Showtruck besuchten wir verschiedenste
Plätze der Stadt, wo Interessenten für unser Produkt warteten.
Immer wieder wurden wir dabei von dem nun extrem aktiven Monsun behindert,
doch wo auch immer wir auftauchten, stießen wir auf offene Ohren.

Nebenbei hatte ich die Gelegenheit die Hinterlassen-schaften der britischen
Kolonialherren zu besichtigen. Unsere europäische Kultur in so weiter
Ferne vorzu-finden, gibt ein Gefühl von Heimat.

TEIL 5 - Pressekonferenz in Hyderabad / Bangalore
  
Bei meinem letzten Kontakt mit dem Internet stürzte wenige Zentimeter
neben mir die Decke ein, dies war das Signal den Ort im nächsten
Morgengrauen zu verlassen.

Wohl jeder hatte schon mal den Traum, schnell wie der Wind zu rennen und
doch auf der Stelle stehen zu bleiben. So kamen mir die ersten 1000 Kilometer
zwischen Kolkatta und Hyderabad vor. Die restlichen 500 waren nahezu paradiesisch,
da auf ihnen die Vision des amtierenden Ministerpräsidenten, alle
großen Städte mit ausgebauten Strassen zu verbinden, erstmals
wirklich sichtbar wurde.

Nervenraubend waren die fünf (!) nötigen Reifenrepa-raturen,
das nochmalige Versagen der Klimaanlage, sowie andere Hindernisse. Darunter
sind die lang-wierigen Grenzübertritte zwischen 3 indischen Staaten
aufzuzählen. Mit der richtigen Diplomatie und etwas Geduld waren
wir trotzdem nicht zu stoppen.
Wir fuhren ohne Unterlass, nur wenn der Körper es verlangte, ruhten
unsere Köpfe für wenige Stunden auf dem Armaturenbrett. Meine
Ernährung glich dem Pro-gramm einer Welleness-Oase. Auf meinem Speise-plan
standen Kokosnüsse, Bananen, Mangosaft und andere Köstlichkeiten,
die die Natur am Straßenrand bereithielt. So frisch und gesund habe
ich lange nicht gelebt.

Gestern Nacht kehrten wir in der Tata-Service-Station von Hyderabad ein.
Die Zugmaschine benötigte neuerlich einige Reparaturarbeiten und
der Tata 407 ist das identische Abbild unseres DB 609D. Am Montagmorgen
kann ich den Wagen abholen und mir wurde versprochen, er würde aus
der Werkstatt fahren, wie er einst das Laufband nach seiner Produktion
verlassen hatte. So konnte ich mich am Nachmittag in ein wohlverdientes
Wochenende begeben, um am Montag für weitere Aktionen in der durch
das Computergeschäft aufstrebenden Stadt erfrischt zu sein.   
Donnerstag, 10.07.2003
Langsam schließt sich der Kreis. Hinter uns liegt Hyderabad, wo
wir wieder eine Pressekonferenz durchführten. Neben Bangalore ist
dies die zweite durch die Computerindustrie aufstrebende Stadt Indien.

Bei der Ausfahrt aus der Millionenmetropole verirrten wir uns im Strassengewirr,
doch wie immer hatte auch dieses etwas Positives, denn wir trafen unverhofft
auf das Char Minar, ein stattliches, rechteckiges Gebäude mit vier
Minaretten. Es ist vier Stockwerke hoch (56 m), im obersten befindet sich
eine Moschee. Um dieses Gebäude herum befindet sich ein sehr farbenpräch-tiger
Markt, auf welchem zu dieser Tageszeit die Händ-ler müde ihr
Tagwerk begannen.

Die 600 Kilometer fuhr das Kronotex-Show-Truck in etwas mehr als 12 Stunden.
Er durchquerte wundervolle, für indische Verhältnisse nahezu
unberührte, Landschaften. Am Stadtrand wurden wir schon von unserem
Mitarbeiter erwartet. Er geleitete uns sicher in die Innenstadt, während
ein unglaublich heftiger Regenguss über uns hereinbrach. Schnell
fielen wir in den erholsamen Schlaf, denn der nächste Morgen begann
früh, um der morgendlichen Rush Hour aus dem Wege zu gehen. Im Laufe
des Tages wechselten wir unter großer Aufmerksamkeit mehrmals unseren
Standort, um mit so vielen potentiellen Kunden wie nur möglich ins
Gespräch zu kommen.   

Pünktlich zum Abschluss unserer letzten Aktion startete ein besonders
starker Monsunregen. Er machte uns den Weg frei, denn bei so starkem Regen
traut sich kaum eines der tausenden Zwei oder Dreiräder auf die Strasse,
die sonst selbige verstopfen. Durch die Niederschläge und nicht zuletzt
durch die Höhenluft (Bangalore liegt 947m über dem Meeresspiegel)
ist die Temperatur auch für einen Europäer sehr angenehm, doch
finden dies auch die Moskitos, die mein Blut als willkommene Abwechslung
ansehen und sich daran laben.

Morgen werden wir die letzten 1000 Kilometer in Angriff nehmen. Mensch
und Maschine harmonieren und sind bester Dinge. Noch zwei Tage im Truck
und die indische Episode der Kronotex-Welt-Tournee ist abgeschlossen,
schon mischt sich die Freude auf die Heimat und auch Wehmut, dieses interessante
Land mit seinen so zahlreichen wie auch interessanten Menschen hinter
mir lassen zu müssen.
TEIL 6 - Zieletappe Bangalore - Bombay   
Sonntag, 13.07.2003
Nach zwei Tagen Fahrt über Stock und Stein sind wir wohlbehalten
in der bereits bekannten Atmosphäre von Mumbai eingetroffen. Es ist
schön Vertrautes wieder vorzufinden, wenn man fast 7000 Kilometer
Abwechslung hinter sich gebracht hat.
Während des letzten Streckenabschnitts, war von der zuvor beschriebenen
Harmonie zwischen Mensch und Maschine nicht immer etwas zu spüren.
Nach 14 Stunden extremer Beanspruchung der Technik, erzwang sie eine Pause.
Der Motor war nicht mehr auf Drehzahl zu bringen und auch die Batterie
versagte einmal mehr. Einige Stunden später und dank erholsamem Schlaf
unter der Begleitung eines Chorals von mehr als einhundert Moskitos, standen
unsere Chancen für die Weiterfahrt schon besser. Glücklicherweise
hatte ich den Truck auf einer abschüssigen Bergstrasse geparkt, so
dass der Schwung ausreichte, um unser 9 Tonnen schweres Gefährt wieder
zum Laufen zu bringen.
Vorherige Probleme waren verschwunden, doch hatten wir nun einen Platten.
Nachdem wir diese Erfahrung während unserer Tour schon häufiger
machten, ist schon eine Routine im Reifenwechseln entstanden, diese wurde
während der Weiterfahrt noch weitere dreimal eingefordert. Bei der
ersten Reparaturwerkstatt versanken die Räder im Morast. Nach mehreren
Stunden konnten wir einen Traktor organisieren, der uns befreite.

Wenn dieses wie eine Aneinanderreihung von negativen Erfahrungen klingt,
so trügt der erste Eindruck, denn das Gegenteil ist der Fall. Immer
wieder ist es faszinierend die Hilfsbereitschaft und das Improvisationstalent
unserer Gastgeber herauszufordern, und wir wurden nie wirklich enttäuscht.
Einen Bonus gab es in dem Dorf, in welchem wir mehrere Stunden auf den
Traktor warten mussten, denn ich nutzte die Zeit zu einem Streifzug durch
das dörfliche Leben.   


So erhielt ich Einblicke, zu denen sonst die Gelegen-heit fehlen würde.
Ich sah Menschen im Gebet vertieft, Frauen bei der Hausarbeit, Kinder
beim Spielen und eine Künstlerin von Haus zu Haus ziehen, die vor
der Türschwelle Zeichen aus Reiskörnern legte.
Fast immer waren die Menschen aufgeschlossen
und drängten darauf, einen Platz in meiner Kamera zu bekommen. Diese
Momente werde ich vermissen.

Oft klebten die Augen der Menschen an mir und meinem Truck, so etwas hatten
sie in ihrem Leben noch nicht gesehen und auch mir ging es nicht anders,
wenn ich an den buntbekleideten Einhei-mischen vorbeifuhr. Verwundert
sah ich am Wegrand gelbbemalte Bullen, mit lilafarbenen Zeichen, sie wurden
überall zusammengetrieben und am Abend wurde ein Fest zu Ehren der
Kuh gefeiert.   

Mehrere Male wurden wir von Polizeikontrollen zum Verweilen aufgefordert,
doch ließen sich alle Probleme schnell lösen. Unter anderem
sprach ich einen Polizeioberst geistesabwesend auf russisch an, möglicherweise
erinnerte mich die Situation zu sehr an die erste Etappe durch das schöne
Russland, er tat trotzdem verständnisvoll und ließ mich passieren,
genauso wie der Beamte, der nach der Einforderung spezieller Papiere von
mir einen Kronotex-Katalog gezeigt bekam. "Danke!"

Die letzten 250 Kilometer waren ein glatter Durchlauf. Wir befuhren eine
dreispurige Mautstrasse, die in Deutschland ihres gleichen sucht. Kurz
vor dem Ende der Straße wurde ich durch ein Verkehrszeichen auf
ein Tempolimit von 40 km/h hingewiesen, doch ließ sich dieses kaum
kontrollieren, da schon wenige Stunden nach dem Start in Mumbai, das Tacho
weitere Dienste versagte. Belehrt wurde ich durch Polizeibeamte, die mit
einer Art Laserkanone die Geschwindigkeit kontrollierten.

Zwischen den grünen Bergen mit den überfluteten grünen
Feldern sah ich einen der schönsten Sonnen-untergänge meines
Lebens. Die Sonne versank unter den sich auftürmenden gewaltigen
Monsunwolken. Gegen 22.00Uhr parkte ich den Truck vor den Toren von Mumbai
und fuhr mit dem Taxi im Tiefschlaf in meiner Herberge mit dem Wissen,
die 7.000 km durch Indien erfolgreich bewältigt zu haben.

TEIL 7 - Abschied von Indien in Bombay 
Dienstag, 15.07.2003
Es ist vollbracht!
Das dritte Land der Kronotex Welt-Promotion-Tour liegt hinter uns, der
Truck, welcher schon gestern auf den Container geladen wurde, läuft
heute aus dem Hafen von Mumbai in Richtung Iran aus.

Auch ich entferne mich mehr und mehr von meinem Aufenthaltsort der letzten
2 Monate. Heute Morgen um 1.30 Uhr startete mein Flugzeug und gegen 12.00
Uhr werde ich mich wieder auf heimatlichem Boden bewegen. Die vergangenen
Wochen waren voller Erlebnisse und geprägt von Eindrücken, die
nun erst einmal einer gewissen Verarbeitungszeit bedürfen. Zu frisch
sind die Bilder in meinem Kopf, zu präsent die Gerüche, die
alles einhüllten, zu laut, der Lärm der Strasse, der noch immer
in meinen Ohren tobt.

In dieser Zeit gab es keinen Flecken Erde, außer meinem jeweiligem
Hotelzimmer, der nicht mit Menschen übervölkert war, Stille
gab es nie und wenn es nur der schreiende Moskitoschwarm war, oder das
Hundegebell unterbrochen vom aufgeregtem Hupen der Autos.
Zur Statistik:
Der Truck rollte über mehr als 7.000 Kilometer indischer Strasse
oder eher Baustelle, dabei verbrauchte er mehr als 1.000 Liter Diesel,
3 neue Schläuche und mehrere dutzend Flicken auf Selbigen, 2 neue
Ventile, 21 improvisierte neue Sicherungen, eine neue Batterie und vieles
mehr, was jedoch durch die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung nie
zu einem ernsthaftem Problem wurde. Auf der Strecke besuchten wir alle
unseren bisherigen Kunden in Mumbai, Delhi, Kolkatta, Hyderabad und Bangalore,
führten dabei verschiedenste Promotionsaktionen und Pressekonferenzen
durch, die in den nächsten Monaten zu einem verstärktem Containerverkehr
von Heiligengrabe nach Indien führen werden.

Außerdem erlebten wir den Regen, den wir in Deutschland zusammengerechnet
in den nächsten
10 Jahren nicht haben werden. Regen in jeder Intensität, aus jeder
Richtung, zu jeder Tageszeit.


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